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Podiumsrunde des World Economic Forum
Die strategische, internationale Bewältigung von Tail Risks sind eine Kernaufgabe des WEF (World Economic Forum)

Meinung & Analyse

Von schwarzen Schwänen und verlorenem Vertrauen

Der Zusammenbruch der EU, die Ansteckung des Finanzsystems durch den Zusammenbruch eines großen Players, eine größere Cyber-Attacke, eine harte Landung der chinesischen Konjunktur – was sich so liest wie die Kammer des Finanzmarkt-Schreckens, ist das Ergebnis einer Umfrage, die investorenratgeber.de Ende vergangenen Jahres unter rund 20 größeren europäischen Finanzunternehmen durchgeführt hat. Die oben genannten Ereignisse sind dabei in absteigender Wichtigkeit die vorherrschenden Tail Risks, hierzulande auch als “schwarze Schwäne” bekannt.  Gemeint sind damit Großrisiken, die zwar bei ihrer Realisierung hohes Schadenspotenzial aufweisen, deren Eintrittswahrscheinlichkeit jedoch als gering gilt – oder besser gesagt: galt. Spätestens seit der Entscheidung der Briten für den Brexit oder den anhaltenden terroristischen Attacken weltweit erscheinen viele Tail Risks wahrscheinlicher als vorher.

Bedingt abwehrbereit

Das bestätigt auch die Umfrage: Die meisten Gesellschaften schätzen das Eintrittsrisiko der oben genannten Ereignisse mit einem Durchschnittswert von 3,45 (auf einer Skala von 1 = „sehr unwahrscheinlich“ bis 5 = „sehr wahrscheinlich“) vergleichsweise hoch ein. Geringer ist der Mittelwert bei der Frage, ob sie auf solche Ereignisse auch vorbereitet sind. Hier liegt das Durchschnittsergebnis lediglich bei 3,15 (1 = „sehr schlecht vorbereitet“, 5 = „sehr gut vorbereitet“). Kurz: Die Sorge in Bezug auf Tail Risks wächst, viele Unternehmen fühlen sich jedoch nur bedingt abwehrbereit.

Konzentration auf Kernszenarien

Doch wie können sich Finanzunternehmen gegen solche Risiken kommunikativ wappnen? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Veranstaltung in London, auf der wir mit einigen Teilnehmern der Umfrage diskutiert haben. Fazit: Eine exakte Vorbereitung auf sämtliche Risikoszenarien ist schwer denkbar. Schließlich sind die möglichen Ereignisse und ihre Implikationen zu vielfältig und schwer berechenbar. Wer hätte beispielsweise nach dem Wahlsieg von Donald Trump mit einer anhaltenden Börsen-Hausse gerechnet? Gleichwohl macht es Sinn, Risiken auf ihr Schadenspotenzial für einzelne Unternehmen zu analysieren und die relevantesten Szenarien – beispielsweise in einem Workshop – durchzuspielen: Wie sind die Informationsabläufe im Unternehmen? Wer äußert sich gegenüber Mitarbeitern, wer gegenüber der Öffentlichkeit? Was sind mögliche Botschaften und Positionen?  Das gefühlte Bedrohungspotenzial vieler Risiken sinkt, wenn Unternehmen sich inhaltlich und organisatorisch mit einer möglichen Reaktion auf ihr Eintreten befasst haben.

Finanzbranche mit Nachholbedarf

Zusätzlich gilt: Ein vertrauensvoller Umgang mit den jeweiligen Stakeholdern im Vorfeld ist die beste Vorbereitung für den Tail-Risk-Krisenfall – und natürlich nicht nur dafür. Wer als Unternehmen bei Mitarbeitern, Kunden, und der Öffentlichkeit als vertrauenswürdig gilt, verfügt bei der Vermittlung seiner Botschaften über einen wichtigen Vorteil. Allerdings hat die Finanzbranche in dieser Hinsicht starken Nachholbedarf, wie etwa das Edelman-Trust-Barometer zeigt. Dabei handelt es um eine weltweite Befragung unter mehr als 30.000 Teilnehmern zum Thema Vertrauen. Gerade in diesem Bereich rangiert die Finanzbranche auf den hinteren Rängen, auch wenn sich zuletzt ein Aufwärtstrend zeigte.

Ob die Finanzbranche weiter Boden gut machen konnte, wird sich am 24. Januar kommendes Jahr zeigen. Dann stellt Edelman.ergo in Frankfurt die Ergebnisse der aktuellen Befragung vor. Im Mittelpunkt steht dabei jedoch nicht nur die Finanzbranche, sondern generell die Frage, warum eine wachsende Zahl von Menschen etablierten Organisationen und demokratischen Rechtsystemen gründlich misstraut. Schließlich ist dies die Voraussetzung für die Existenz eines höchst realen Tail Risks: dem Erfolg von Populisten in wichtigen westlichen Demokratien.

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