Bietet Instant Messaging einen neuen Marketing- und Servicekanal für Unternehmen? Im Interview mit Bare Münze erläutert Eleftherios Hatziioannou, Co-Founder von smoope, die Marktentwicklung aus seiner Sicht.
Das Thema Instant Messaging wird in der Kommunikationswelt derzeit heiß diskutiert. Noch finden WhatsApp und Facebook-Messenger in der Unternehmenskommunikation eher selten Verwendung. Bei WhatsApp stört die aufwändige Pflege der Broadcastlisten. Bei beiden Anbietern sorgen Unklarheiten im Bereich des Datenschutzes für Kopfschmerzen. Zudem sind die Kanäle auf die private Kommunikation ausgerichtet, und zumindest WhatsApp wird dies laut eigener Ankündigung auch nicht ändern.
Doch es gibt bereits Alternativen auf dem Markt: Anbieter, die sich speziell auf Instant Messaging für Unternehmen konzentrieren. Einer davon ist smoope – Service to Go, ein junges Unternehmen mit Sitz in Stuttgart, das vom High Tech Gründerfonds unterstützt wird. smoope bietet seit 2013 eine Messaging-Plattform an, mit der Unternehmen über einen eigenen Instant Messaging-Kanal mit ihren Kunden kommunizieren können – und das Datenschutz-konform, wie das Unternehmen versichert.
Doch ist ein StartUp für Unternehmen wirklich eine Instant-Messaging-Alternative zu den Internet-Giganten? Eleftherios Hatziioannou findet: Es ist sogar mehr als das.
Bare Münze: Herr Hatziioannou, in den vergangenen Monaten hat sich ein regelrechter Hype um die Instant Messenger entwickelt. Woran liegt das?
Eleftherios Hatziioannou: Instant Messenger bieten viele Vorteile: Nachrichten sind schnell verfasst und verschickt, und es war außerdem noch nie so einfach Bilder, Videos und sonstige Dateien an einzelne Nutzer und Gruppen zu senden. Außerdem bieten sie geschützte Bereiche, in die sich Nutzer zurückziehen, um zum Beispiel aus Facebook zu entfliehen. Dort ist es mittlerweile sehr laut geworden: Werbung, wohin man auch klickt, Unternehmen und vermeintliche Freunde, die viele Beiträge am Tag posten. In den Instant Messengern bestimmt man selbst, mit wem man interagieren möchte.
Bare Münze: Sind WhatsApp und der Facebook Messenger nicht eine Riesen-Konkurrenz für Sie?
Hatziioannou: Ganz klar nein, denn wir sind nicht mit privaten Messengern vergleichbar. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen den verschiedenen Plattformen ist die Messaging-Technologie – allerdings haben wir einen ganz anderen Fokus.
Bare Münze: Nämlich?
Hatziioannou: smoope ist eine Messaging-Plattform, bei der es rein um B2C-Messaging geht. Wir trennen strikt zwischen privater und geschäftlicher Kommunikation. Wer privat kommunizieren möchte, kann dazu WhatsApp und Facebook nutzen. Wer jedoch geschäftlich unterwegs ist, braucht eine Alternative, denn B2C-Messaging unterscheidet sich grundlegend von der privaten Kommunikation.
Bare Münze: Wo liegen die Unterschiede?
Hatziioannou: Unternehmen arbeiten vom PC oder Laptop aus, meistens als Team, und es gibt bereits bestehende Dialog-Tools beziehungsweise mobile Apps, die im Einsatz sind. Das bedeutet auch, dass der Messaging-Kanal funktional anders ausgestattet sein muss, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Deshalb haben wir eine Messaging-Plattform von Grund auf neu entwickelt, die innerhalb des dritten Quartals 2015 beispielsweise auch Schnittstellen anbieten soll, um den neuen Kanal auch in die bestehenden Systeme zu integrieren.
Bare Münze: Und der Datenschutz?
Hatziioannou: Das ist sicherlich unser zentrales Thema. Sobald es um den Austausch personenbezogener Daten geht, müssen diese nach deutschen Datenschutzgesetzen verarbeitet werden. Diesem Anspruch kann derzeit keiner der weit verbreiteten Messenger gerecht werden. Da wir jedoch von Anfang an als Business-Tool an den Markt gegangen sind, konnten wir von Anfang an bestimmte Dinge auch „richtig“ umsetzen und damit Unternehmen eine saubere Alternative bieten.
Bare Münze: Ohne Reichweite nützt die beste App nichts. Wie viele Unternehmen sind bereits bei smoope angemeldet und wie viele Nutzer zählen Sie Stand heute?
Hatziioannou: Stand Juni 2015 befinden sich mehr als 220 Unternehmen auf unserer Plattform. Die größten dieser Kanäle betreuen mehrere tausend Nutzer. Sehr erfreulich ist auch zu beobachten, dass sich das Nachrichtenvolumen jeden Monat steigert.
Bare Münze: Facebook bietet seinen Messenger in den USA als Service für Unternehmen an. Was halten Sie davon?
Hatziioannou: Für uns ist dies eine Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Unter unseren Kunden sind Unternehmen, die zum einen diskret arbeiten möchten und zum anderen auch Datenschutz-konform agieren müssen – darunter beispielsweise Banken und Behörden. Das ist Stand heute nicht mit der Lösung von Facebook und auch WhatsApp vereinbar.
Bare Münze: Warum nicht?
Hatziioannou: Facebook verarbeitet die Daten außerhalb von Europa beziehungsweise Deutschland, WhatsApp schließt in seinen Nutzungsbedingungen die kommerzielle Nutzung ausdrücklich aus und bietet bis heute keine offizielle Lösung für die Nutzung durch Unternehmen an. Offenbar gilt noch das Mantra der WhatsApp-Gründer „No Ads, No Games, No Gimmicks“, mit dem sie bisher sichergestellt haben, dass ihre Nutzer ungestört bleiben.
Bare Münze: Aber es gibt doch auch Unternehmen, die auf WhatsApp aktiv sind.
Hatziioannou: Alle derzeit im Einsatz befindlichen Lösungen rund um WhatsApp sind meiner Meinung nach durch fragwürdige Drittanbieter entwickelt worden, die sich scheinbar nicht die Mühe gemacht haben, die Nutzungsbedingungen von WhatsApp zu lesen. Erste Dienste, die auf WhatsApp aufgebaut waren, wurden ja bereits gestoppt. Hier geht es weniger um das Aussenden von Push-Nachrichten an Leute, die sich in eine Broadcasting-Liste eingetragen haben, sondern mehr um die Fälle, bei denen es sich um Kundendialog handelt. Letztlich ist es auch eine Frage der Diskretion. Möchte ein Unternehmen sich wirklich in ein privates Kommunikationstool einmischen? Hat der Bankberater etwas zwischen Familie und Freunden zu suchen? Oder macht es vielleicht doch mehr Sinn, diese beiden Welten getrennt voneinander zu betrachten?
Bare Münze: Welches Potenzial hat Instant Messaging für die Unternehmenskommunikation in Ihren Augen?
Hatziioannou: Unter dem Strich geht es darum, dass Messaging eine Art und Weise der Kommunikation ist, die Menschen heute bevorzugen. Telefon, E-Mail und Kontaktformulare sind „out“. Entsprechend sollte diese Entwicklung auch von Unternehmen ernst genommen werden. Dabei geht es nicht um eine bestimmte App, sondern darum, zu verstehen, dass das Prinzip des Messagings durchaus auch Relevanz im Kontext von Unternehmen hat, die nahe am Kunden sein wollen. Viele Unternehmen haben verstanden, dass jeder Kontaktpunkt zum Kunden zählt und dass sie deshalb über möglichst viele Kanäle erreichbar sein müssen: Webseiten, Apps, Social-Media-Plattformen, Hotlines, Live-Chats, etc… Es hat in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden – nämlich, dass Unternehmen Kanäle nicht mehr rein prozessorientiert auswählen, sondern danach, wo und wie ihre Zielgruppen heute kommunizieren. Messenger-basierte Kommunikation ist daher der logische nächste Schritt im Zeitalter des mobilen Konsumenten.
Bare Münze: Sehen Sie die Messenger-basierte Kommunikation auch bei der Finanz- und Versicherungsbranche?
Hatziioannou: Speziell die Finanz- und Versicherungsbranche lebt ja davon, möglichst Service-orientiert zu sein. Produkte sind austauschbar, deshalb zählt am Ende des Tages nur, wo sich der Kunde am besten betreut fühlt. Der Messaging-Kanal könnte in diesem Zusammenhang die neue mobile „Standleitung“ zum Kunden werden, über die Anliegen und Wünsche bequem, jederzeit und von überall platziert werden können.
Bare Münze: Bisher ist smoope ein reines Service-Tool. Ist die Ausweitung auf weitere Anwendungen wie Push-Nachrichten an Kunden oder Ähnliches geplant?
Hatziioannou: Das Aussenden von News an möglichst viele Kunden auf einen Schlag ist sicherlich ein interessantes Thema für Unternehmen, daher steht es auch auf unserer Agenda. Push-Nachrichten von bestimmten Unternehmen können durchaus von Nutzern erwünscht sein, andere Unternehmen wiederum sollen sich nur dann melden, wenn ein konkretes Anliegen platziert wurde. Die Entscheidung und die Kontrolle darüber, welche Berechtigungen der Unternehmenskanal auf smoope hat, wird jedoch immer beim Endkunden liegen. Wir arbeiten immer „Permission-based“ und werden alles dafür tun, dass Messaging nicht als Spam-Kanal missbraucht wird.
