ETF-Käufer sind jünger und gebildeter als Durchschnittsanleger. Das ist ein Ergebnis zweier Studien, die ergo Kommunikation gemeinsam mit Deutschlands größtem Finanzportal durchgeführt hat. Für den ergo ETF-Monitor und den ergo Fonds-Monitor haben wir insgesamt mehr als 1.600 Anleger befragt, die den ETF- beziehungsweise Fondsbereich von finanzen.net nutzen. ETF-Interessierte und Fonds-Interessierte also – und vorwiegend selbst entscheidende Privatanleger.
Die wichtigsten Ergebnisse beider Studien sind längst anderswo veröffentlicht (ETF-Monitor hier, Fonds-Monitor dort). An dieser Stelle möchte ich auf eine scheinbare Nebensächlichkeit eingehen: Die von uns befragten Selbstentscheider sind überwiegend überdurchschnittlich gebildet, überdurchschnittlich vermögend, überdurchschnittlich alt. Die ETF-Interessierten allerdings sind noch ein Stück gebildeter, noch ein Stück vermögender und zugleich ein wenig jünger als die „normalen“ Fonds-Interessierten.
Im Detail:
• 63 Prozent der ETF-Anleger verfügen über einen Hochschulabschluss – aber nur 56 Prozent der Fondsanleger.
• 26 Prozent der ETF-Anleger verfügen über ein Netto-Einkommen von mehr als 4.500 Euro im Monat – aber nur 22 Prozent der Fondsanleger.
• 19 Prozent der ETF-Anleger sind jünger als 40 – aber nur 14 Prozent der Fondsanleger.
Die Unterschiede sind sicherlich zu gering, um aus ihnen ein Weltuntergangsszenario für die traditionelle Fondsbranche zu stricken. Aber Anlass zum Nachdenken bieten sie doch, zumal alle Zahlen in die gleiche Richtung weisen: Verlieren aktiv gemanagte, nicht börsengehandelte Fonds gerade den Kampf um die Privatanleger gegen ihre jüngeren, hipperen, günstigeren Brüder? Und sind die Unterschiede in der Demographie zwischen Fonds- und ETF-Käufern ein Zeichen dafür, dass sich aktuell vor allem die attraktive Zielgruppe der Early Adopters umorientiert – und weitere Käuferschichten demnächst folgen könnten?
Sicher ist: Exchange Traded Funds befinden sich auf einem inzwischen schon ziemlich lange anhaltenden Siegeszug. Die Assets under Management wachsen Jahr für Jahr, die Zahl der an Deutschlands Börsen notierten ETFs ist längst vierstellig. Immer stärker nimmt die ursprünglich vor allem auf Institutionelle Branche inzwischen auch Privatanleger als potenzielle Kunden ins Visier – und wildert dabei im Revier der Anlagezertifikate ebenso wie im Revier der aktiv gemanagten Fonds.
Vertriebsprobleme bei ETFs als Innovationstreiber
Medien und Verbraucherschützer unterstützen den Siegeszug der günstigen Passiv-Produkte. ETFs gelten als günstig und als zuverlässiger Lieferant der Marktrendite. Gelobt wird außerdem ihre ständige Handelbarkeit und die Tatsache, dass sie einfach in Sparplänen eingesetzt werden können.
Kein Wunder also, dass Vertreter von ETF-Anbietern in der Öffentlichkeit ebenso großzügig wie hintersinnig darauf verweisen, es solle bloß niemand einen ETF kaufen, der eine Rendite über dem Gesamtmarkt erzielen wolle: „Dafür brauchen Sie einen aktiven Fonds. Das Problem ist nur: Sie müssen schon vor dem Kauf wissen, welcher Fonds sich künftig gut entwickeln wird. Hinterher haben es zwar alle gewusst – waren aber nicht investiert.“
So klingt jemand, der aus einer Position der Stärke heraus freimütig Schwächen einräumt – wohl wissend, dass die Konkurrenz seine Schwäche kaum nutzen kann. Denn die klassische, durch aktives Management geprägte Fondsbranche ist dabei, den Kampf um die Selbstentscheider zu verlieren. Das sollte ein Alarmzeichen für die Branche sein – und die Entscheider sollten es zum Anlass nehmen, aktiv darüber nachzudenken, wie sie die Vorzüge ihrer Produkte auch in Zukunft glaubwürdig kommunizieren können. Insbesondere sollten sie ihre Vertriebsstrukturen überdenken. Schließlich sind diese sowohl für die langjährigen Erfolge als auch für die im Vergleich zu ETFs höhere Kostenbelastung aktiv gemanagter Fonds maßgeblich mitverantwortlich.
Die ETF-Branche hat es vorgemacht: Zwar galt es lange Zeit als Hindernis für die Verbreitung von ETFs, dass für die Indexfonds nur im Ausnahmefall Vertriebsprovisionen gezahlt wurden. Doch – drei Euro ins Phrasenschwein – Not macht eben auch erfinderisch – und das kann in Zeiten grundlegender Umwälzungen ein entscheidender Vorteil sein. Dass wir gerade solche Umwälzungen erleben, dürfte unstrittig sein: Regulatorische Veränderungen drängen die provisionsbasierte Anlageberatung zurück, während die Digitalisierung immer mehr Anleger in die Lage versetzt, sich schnell und zuverlässig über Anlageprodukte zu informieren – und diese Produkte dann auch direkt zu kaufen.
Es ist kein Zufall, dass davon vor allem ETFs profitieren: ETF-Sparpläne sind bei Direktbanken inzwischen populärer als klassische Fondssparpläne. Und innovative Fintech-Startups wie justETF, easyfolio oder Vaamo nutzen für ihre Angebote wie selbstverständlich ebenfalls Indexfonds. Aktiv gemanagte Investmentvehikel spielen für die digitale Disruption der Anlagelandschaft im Grunde keine Rolle. Vermutlich funktioniert das traditionelle, auf den provisionsbasierten Vertrieb und wenige Großinvestoren ausgelegte Geschäftsmodell der meisten Fondsgesellschaften einfach nach wie vor zu gut. Ein Grund dafür, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen, sollte dies allerdings nicht sein. Sonst kaufen künftig womöglich noch weniger junge und kluge Anleger Fonds.