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Deutsche Privatanleger sind besonders skeptisch.
Deutsche Privatanleger sind laut einer Studie der CFA besonders skeptisch gegenüber Finanzberatern und Vermögensberatern.

Meinung & Analyse

Anlegervertrauen: Deutschland bildet das Schlusslicht

Privatanleger in Deutschland sind skeptisch: Lediglich 40 Prozent vertrauen der Finanzindustrie. Zu diesem Ergebnis kam die Studie „From Trust to Loyalty: What Investors Want“, die vom CFA Institute in Kooperation mit Edelman Berland durchgeführt wurde. International ist die Bundesrepublik damit das Schlusslicht. Zum Vergleich: In Indien und China vertrauen jeweils etwa 90 Prozent der privaten Anleger der Finanzbranche. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 61 Prozent.

Für die Studie wurden 3.312 Privatanleger aus zehn Ländern (Deutschland, USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Australien, China, Hong Kong, Singapur und Indien) sowie 502 institutionelle Investoren aus sechs Staaten (USA, Kanada, Großbritannien, Australien, Hong Kong und Singapur) befragt. Die Privatanleger mussten mindestens 25 Jahre alt sein und über ein investierbares  Vermögen von 100.000 US-Dollar verfügen. Die professionellen Investoren mussten derweil mindestens zehn Millionen Euro an institutionellem Vermögen verwalten.

Deutsche holen sich Ratschläge aus dem Netz

Obwohl die Deutschen kein großes Vertrauen in die Unternehmen des Finanzsektors haben, sind sie dennoch optimistisch, dort ihr Geld vermehren zu können. Rund 80 Prozent der Befragten bejahten die Aussage „Ich habe eine faire Möglichkeit, durch Investitionen in die Kapitalmärkte zu profitieren“. Ihre Investment-Firma würden jedoch nur 46 Prozent weiterempfehlen. Das sieht in Frankreich (59 Prozent), den USA (62 Prozent) und vor allem in Indien (79 Prozent) ganz anders aus.

Informationen und Ratschläge über Investitionen beziehen die deutschen Privatanleger am liebsten über das Internet – auch hier stehen sie im internationalen Vergleich ziemlich alleine da. In allen anderen Ländern steht nämlich der persönliche Finanzberater an der Spitze, wenn es um Investment-Tipps geht. Eine Ausnahme bildet Singapur: Hier vertrauen Investoren am ehesten der Familie und ihren Freunden.

Bei der Zusammenarbeit mit einer Investmentfirma sind den Anlegern die vollständige Offenlegung von Gebühren und Kosten (80 Prozent) sowie hohe Sicherheit im Datenschutz (79 Prozent) wichtig. Einer starken Präsenz der Firmen auf Social-Media-Kanälen wird dagegen die geringste Bedeutung beigemessen (28 Prozent). Schlechte Anlageergebnisse sind derweil der Grund Nummer eins, die Investment-Firma zu wechseln: „Sowohl private als auch institutionelle Investoren legen weiterhin Wert auf eine starke finanzielle Performance“, so Paul Smith, Präsident und CEO von CFA Institute. Aber auch, wenn die Gebühren steigen, Vertrauen gebrochen wird oder Ansprechpartner keine Zeit haben, suchen sich Anleger einen neuen Dienstleister. „Inzwischen verlangen beide Investorengruppen mehr Klarheit und eine bessere Kommunikation“, sagt Smith.

Anleger sehen keine Anzeichen für erneute Finanzkrise

Dass es in den kommenden drei Jahren zu einer neuen Finanzkrise kommt, halten Investoren für unwahrscheinlich. Lediglich 34 Prozent der deutschen Befragten sehen eine erneute Krise als wahrscheinlich an. Auch in den anderen Ländern ist die Sorge nicht sehr groß. In Großbritannien (19 Prozent) oder den USA (26 Prozent) wird die Finanzkrisen-Gefahr sogar als noch geringer eingestuft. Lediglich Indien fällt aus der Reihe. Hier halten 59 Prozent der Befragten eine weitere Finanzkrise für wahrscheinlich. Sollte es jedoch zu einer weiteren Krise kommen: Wie gut wären die Investment-Firmen vorbereitet, das Vermögen der Anleger weiterhin zu managen? 52 Prozent der Privatanleger halten die Firmen für vorbereitet, bei den institutionellen Anlegern sind es 49 Prozent. Auch das Vertrauen im Hinblick auf Krisenzeiten könnte also höher ausfallen.

Kurz: Die Finanzbranche hat in Deutschland einen schweren Stand – diese Tatsache dürfte viele Experten nicht überraschen. Das, was Investment-Firmen machen, ist wenig greifbar – und daher möglicherweise abschreckend für die deutschen Anleger. Darüber hinaus scheint die Finanzkrise selbst nach acht Jahren immer noch nachzuwirken, das Vertrauen ist nachhaltig gestört. Die nach wie vor instabile Lage der Euro-Länder tut ihr Übriges.

Wie können die Finanz-Unternehmen gegensteuern, um dieser negativen Wahrnehmung zu begegnen? Auch darauf liefert die Studie Antworten. Gute Anlageergebnisse und eine klare Kommunikation sind wichtig. Daneben scheint ein weiteres Schlagwort große Bedeutung zu haben: Transparenz! So sollten Gebühren und weitere Kosten, wie erwähnt, nicht nur vollständig offengelegt, sondern vor der Abrechnung auch genau erklärt werden. Außerdem wünschen sich Anleger einfach verständliche Investment-Reports. Ein Drehen an diesen Stellschrauben sollte machbar sein und das Image positiv beeinflussen. Zuletzt bleibt die Hoffnung, dass die Erinnerung an die Finanzkrise immer weiter verblasst. Dann sollte auch das Vertrauen in die Branche allmählich wieder steigen – sogar in Deutschland.

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